1 Gespräche von John und Jagda
Gespräche über die Stadt/ Gespräch vom 18.11.10
John, ich war noch recht klein, da habe ich eine Stadt gebaut.
Eine Stadt aus Papier. Über vier fünf Jahre hinweg. In Sommern bei Tante Ruth.
Baute weiter, wo ich aufgehört hatte im Jahr zuvor. Baute mich groß.
Wie meinst Du das?
Ein Kind baut, weil es wachsen will, groß werden will. Denken, Bauen, Wachsen, Denken – ein ewiger Kreislauf. Ein Kind denkt nicht nach darüber. Ein Kind baut. Glaube ich, denke ich, John, ich weiß es nicht. Weiß nicht mehr, was mich trieb. Es trieb mich. Ich baute …
… Du hast nie inne gehalten?
Nein, ich baute, um zu bauen und weiter zu bauen. Stellte nie alles auf und erging mich nicht in Betrachtung. Es gab keinen Platz dafür. Es gab einen Zeichentisch zwischen Bett und Schrank…
…ein Kind weiß alles, guckt und weiß und baut. Guckt nicht und weiß trotzdem.
Denke ich, glaube ich, John und weiß es nicht. Weiß nicht, warum ich was wusste und baute. Ein Kind trägt in jedem Finger die ganze Welt, braucht sie nur flüchtig zu spreizen die Hand. Schon ist Geschichte, ist Welt…
… und fing wieder an mit der Stadt, John, nach langer Zeit. Gänge durch Stadt und Betrachtung davon. Erging mich darin. Und lernte erst A. Denn es ist viel Getöse im Kopf, dass man sich zügelt, klein anfängt und alles aufzählt – Mauer, Strauch, Sonnenstrahl. Schon ist Welt. Ist Anfang. Ist Stadt…
… die Stadt ist Welt der Gebärden. Ist Gefüge, Geräusch und Macht.
Macht wird gemacht und geglaubt. Du kannst gehen, wohin du willst, John. Dir einverleiben. Eine Stadt, die nicht dir gehört, ist nicht Stadt und stirbt.
2 Gespräche von John und Jagda
Gespräche über die Stadt/Gespräch vom 20.11.10
…Traum wendet. Wendet und überwindet, John. Traum als Stadt. Stadt als Traum. Erzähl sie mir, die Stadt aus deinem Traum…
…nicht aus Stein oder Stoff, sagst du? Digital. Was die neue Welt mit uns macht, das wissen wir nicht. Wir werden es später wissen. Digitale Welt kommt den Träumen sehr nah, denke ich glaube ich, John. Durchwirkter Raum.Wird Wahrhaftigkeit. Ist Gleichzeitigkeit…
…schau die ägyptischen Steine, sie schwingen wie von leichtem Luftzug bewegt. Hände wirkten daran in unzähliger Zeit. Denn in Händen wohnt Welt. In Steinen wohnen die Hände, wohnt Gesang zu den Göttern und wird gehalten dort, über tausend und fünftausend Jahre hinweg, über mehr.Wir betrachten sie heute und schweigen, sechstausend Jahre danach…