7  Gespräche von John und Jagda

Gespräche über die Stadt /Gespräch vom 18.12.10

 

… Unsere Wege unsere Worte, Jagda, sind unsere Wege allein aus Worten? Machen sie Schachteln mit kleinen Mustern? Und wollen doch groß dabei sein? Wollen sie groß sein?

Unsere Worte sind Suchen, John.

Nach Wahrhaftigkeit? Gerechtigkeit?

Nach sich selbst, John. Unsere Worte fragen in uns hinein. Gibt es ein
Wort für Schnee fragen sie, ein Wort für das Eiskristall, für Zerbrechen, Zerschmelzen, das noch bevorsteht, gibt es ein Wort fragen die Worte… tasten an Kanten entlang, an Verästelungen, verlieren sich, nehmen auf… – Worte entlang des Kristalls…

…Heute merkte ich, man kann auch hinaufgehen.

…Die Straße rauf und Ski geschultert, meine ich. Gibt neuen Schnee, John. Ich ging die Straße rauf und gegen den Wind. Zum großen Loch.

… Im Stadtplan ein großes Loch, nicht mit Blick zu erfassen und nicht mit Erwartung. Vorgelaugenrund und nicht fassbar. Luft fegt durch das Loch, kommt angerollt, rollt weiter, sich aus, verliert sich, nimmt auf, neuen Lauf auf…

… gehen die Menschen über das Feld und leeren sich aus, nehmen auf, gehen weiter. Was passiert, weiß keiner. Die Haut wird abgelegt. Und die Schatten. Das Loch ergießt sich in Stadt, sickert ein…

 

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8  Gespräche von John und Jagda

Gespräche über die Stadt Gespräch vom 26.12.10


… Schiebe beiseite im Kopf, den Kummer und schläft ganz warm. Schläft unter Talg. Im Kummersee. Groß und warm und pulst. Manchmal lausche ich in die Tiefe.
… Wie Eis schmilzt Talg von unten, bricht durch, drängt nach oben, das Warme. Saugt ein, ersäuft und bricht leiser als Eis. Ersäuft die Tänzer, zerschmilzt. Denn auch Tänzer sind Talg, sind aus Talg und Tränen gemacht. Nimm meine Hand, John.

Jagda!

Nimm sie.

Sollen wir tanzen?

Nimm sie, halt still.

Wir stehen auf Talg, Jagda, wir stehen auf Talg, ich möchte tanzen mit dir!

Ich möchte lauschen. John, lass uns lauschen, wie es pocht da unten…

… Glocken Jagda, Glocken, ganz nah. Am Ufer, spring los…
…Wenn die Glocke ruft, springt jeder für sich. Denn die Glocke ruft für jeden anders. Deshalb. Ruft für jeden anders. Ist Klang aus dem Mund der Welt.
… Du hörst es, Jagda, du hörst es. Ist Aufbruch. Geh und denk’ an meine Hand, an alle anderen Hände, nimm neu, nimm und gib weiter. Immer neu…
In diesen Tagen sagt man es, schaut sich an und geht weiter. Umarmt sich, geht weiter.

Sicher doch, John, so sag es.

Ich sag’ es, du auch?

Ich auch.

So haben wir es gesagt?

Wir haben es gesagt.

War es jemals so schön?

Ich erinner’ mich nicht, doch ich erinner’ mich nie.

Es ist also immer jeweils schöner?

Es ist immer jeweils schöner, John.
Weil wir vergessen.