Puszta 

Eine Reise nach Batonnya

 

Textausschnitte und Bildauswahl der Arbeit sind für die website gesondert zusammengestellt.


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…Es gibt ein Land, wo das Wort aufhört und kein Denken mehr ist. Und dorthin reiste ich. Die neue Zeitrechnung begann am Keleti pu, lieber Lönda. Und beginnt dort für jeden Reisenden, der eintrifft und seinen Weg weiter fortsetzt. Beginnt unter der Anzeigentafel, auf der sich die Welt in Ziffern und Namen bewegt…


…Der Zug leerte sich ab einer Strecke von Zeit, und dann leerte sich Landschaft, lag verwaist unter gleißender Glut. So hatte man es mir erzählt, dass ich weiterfahren muss, auch wenn ich denke, dass die Welt aufgehört hat. Wie es ist, wenn die Welt aufhört, durch die noch ein Zug fährt, darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht.…



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…Meine Wege dort an Schollen entlang, und einmal dachte ich, der Sache etwas näher zu kommen.

Welcher Sache?

Du fragst richtig Lönda, es gab diese Sache nicht, da war nichts. Das Nichts war sonnenblumenförmig.

Aber ein Nichts kann nicht sonnenblumenförmig sein.

Ein Nichts lässt sich als Ende oder Anfang bezeichnen. Ein Nichts, das da ist und ohne Wort, kann sonnenblumenförmig sein, Lönda. Ein Nichts, das gleichzeitig alles ist und unmittelbar…



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… Wasser und Erde waren nicht völlig getrennt, Sumpf nah beim Acker, pfützenweise Wasser zwischen Erde gemengt, die Erde schwer, zerfurcht, geklumpt und dunkel. Ein dampfender Lehm also, wie der Baustoff für Adam und Eva.

Aber Adam und Eva waren doch bereits da, liefen in rechten Winkeln durch’s  Städtchen.

Ja Lönda, Pferdewagen mit Fudern und braune Rücken. Pferderücken und Männerücken. Nicht das Braun des Lehms vom Acker. Ein anderes Braun. Die Rücken nicht gebeugt und nicht aufbegehrend. Manchmal schwebten die Rücken in Augenhöhe über die Kreuzung, auf Mopeds sitzend, auf Fahrrädern. Nicht herausfordernd. Gegenwärtig. Vorbeigleitend. Rücken aus einem Epos, der nicht Epos ist und doch Bild einer Menschheit.

Waren es schöne Rücken?

Es gibt kein Wort dafür und so werden sie schön gewesen sein, Lönda.…


 
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…Meine Füße im Schlamm am Rand der Scholle zum Beispiel. An Äckern trennten sich Wege, aber auch dort – es gab nicht rechts oder links, kein schön oder weniger schön, kein Begehren. Gab eine Reihe von Bäumen am Ende des Ackers. Gab Hitze.

Aber der Horizont, es gab Horizont. Gab Ferne.

Der Horizont war am Ende des Ackers, hinter einer Reihe von Bäumen. Oder zwei Äcker weiter, hinter einer Reihe von Bäumen.



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…Und es kam eine Wendung.

Welche Wendung?

Es kam Wind. Wind und Regen. Der Himmel wuchs. Wuchs unermesslich.

Wie kann Himmel wachsen?

Es wachsen die Gebilde darin bis über den Himmel hinaus. Der Himmel selbst wächst über sich selbst hinaus. Die Erde ein Schoß, der sich öffnet und vom Himmel betrachten lässt.

Der Himmel ist größer als an anderen Orten?

Der Himmel dort ist der größte der Welt, Lönda. Denke ich. Denke nur noch. Und spreche. Ich denke und spreche. Spreche und begehre, weil es so fern ist, weit fort jetzt und ich bin hier in dieser Stadt mit den vielen blassen Menschen.

Du meinst, du erinnerst Dich kaum.

Ja Lönda, es war so gegenwärtig, dass es nicht erinnerbar ist.
Und fern. Sehr fern.



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